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Neujahrsputz: Der Müll und die Stadt

Ich habe mich in den letzten Wochen verstärkt mit Müll beschäftigt. Nicht wegen Weihnachten, obwohl ich da auch mal über den Kontrast nachdachte zu unseren Feiern, nach denen die Tonnen überquellen, und der Krippe mit dem größten Geschenk „in Windeln gewickelt“ damals. Nein, weil im Stadtrat und im Betriebsausschuss, der für die Stadtreinigung zuständnis ist, das Thema auf der Tagesordnung stand. Und weil ich seit Jahren höre und selbst erlebe, wie Müll im Blickfeld auf Straßen und Plätzen die Leute stört. „Man kann nicht nicht kommunizieren“, dieses Zitat von Watzlawick trifft auch auf die Stadt zu. „Die Stadt spricht mit mir,“ so nenne ich es. Da kann die Stadt von sich sagen, sie habe diese und jene positive Eigenschaften, sich über das Weiterkommen auf dem Weg zu Kulturhauptstadt freuen, aber wenn draußen Müll rumfliegt, spricht der lauter als das Citylight-Plakat daneben.

Ich meine, die Stadt muss schnell etwas dagegen tun. Zu erklären, dass wilder Müll nicht sein müsste und sowieso verboten ist, soweit sind wir schon in Chemnitz. Und wir haben einen Stadreinigungsbetrieb, der „es wegschafft“, so sein Motto. Aber das kostet natürlich, und vor lauter Angst vor erhöhten Gebühren wurde das Problem bisher nicht wirklich angegangen. Jetzt hatte die CDU im Dezember einen Antrag für ein sehr langfristiges Sauberkeitskonzept zum Beschluss vorgelegt. Ja, warten die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Unzufriedenheit auf den Tag x?  Wenn doch Probleme wie fehlende Mülltonnen in Parks und bürokratische Wege offensichtlich sind? (Zum Beispiel kannst du in Chemnitz einen Antrag stellen, wenn du Müll melden willst. Anderswo gibt es dafür eine einfache Möglichkeit, man wird geradezu aufgefordert, so etwas zu melden.)  Zu Recht nicht, finden wir Grünen, brachten einen Änderungsantrag ein mit kurzfristigen Maßnahmen und einer Mitmachkampagne, und siehe da, er fand die Mehrheit. Auch eine Weihnachtsfreude.

Mein aktiver Stadtteil Sonnenberg hat mich darauf gebracht, selbst aktiv zu werden, und dadurch mit der Gruppe „Grüne Ideen Sonnenberg“ das Müllproblem gründlicher zu recherchieren und Ideen zu sammeln. Gestern haben wir einen Neujahrsputz veranstaltet. Es gibt schon lange den Frühjahrsputz, den die Stadtreinigung ausruft und derauf dem Sonnenberg von Hanna Remestvenska und dem Stadtteilmanagement organisiert wurde. Da sind an einem Tag 200 Leute in verschiedenen Gruppen aktiv. Nach diesem Modell hatte ich vor ein paar Jahren einen vorweihnachtlichen Putz initiert, zusammen mit Adel Matar, der eine Flüchtlings-Ehrenamtlichengruppe gegründet hatte. Gestern also das erste Mal ein Neujahrsputz, zusammen mit Ingrid Bartl von der katholischen Gemeinde St. Joseph.

Der Müll spricht, die Presse griff meine Pressemitteilung auf und berichtete vorab. Auch über Facebook und die Terminkalender auf der grünen Website und der Sonnenberg-Seite habe ich eingeladen. Und persönlich die Freunde aus der Chemnitzer Brücke sowie die osteuropäischen Männer, die bei den Mutter-Teresa-Schwestern im Stadtteil wohnen. Ungefähr zu einem Drittel waren diese verschiedenen Gruppen dabei, mit Anwohner*innen und Grünen wie Franka Berger aus unserer Nachbarschaft und Bernhard Herrmann, meinem Stadtratskollegen. Alles in allem waren wir am Ende circa 30 Leute. Seit einiger Zeit hat der Stadtteilmanager mit Geld aus diversen Quellen Müllgreifer und Gebührenmarken angeschafft, so dass es viel weniger Organisationsaufwand war als früher.

Die Zeitungen haben das gute Beispiel verbreitet, in der Freien Presse und in der Chemnitzer Morgenpost. Vielen Dank! Schön war auch, dass wir uns dann im Bürgerzentrum Sonnenberg beim Bürgercafé aufwärmen konnten. Diese Einrichtung fand großes Interesse, außer Ingrid und Bernhard und Adel war wohl noch niemand dort gewesen. Und die alten Damen dort sahen wiederum, wer ihren Stadtteil säubert. „Die Stadt spricht“, was ich tue, spricht. Das ist eine Neujahrsbotschaft. Darauf wird geantwortet. Avat Hosseinikakehrash erzählte erstaunt und erfreut: „Als wir sauber gemacht haben, kam eine Familie aus einem Haus und hat gefragt, warum wir das tun. Ich habe gesagt, ‚das tun wir für euch‘, und sie haben danke gesagt und uns umarmt.“